21. August 2024

Am tiefsten Punkt der Stadt enden 114 Kilometer Kanalnetz


Andere Liste beeindruckt von städtischer Kläranlage

Am „tiefsten Punkt“ von Rödermark – unmittelbar vor der Kläranlage im Osten von Ober-Roden – endet das 114 Kilometer lange Kanalnetz der Stadt. Der hier ankommende Kanal hat einen Durchmesser von drei Metern. Das erfuhren die Teilnehmer einer Veranstaltung der Anderen Liste (AL), für die der städtische Eigenbetrieb die Tore der Rödermärker Abwasserreinigungsanlage geöffnet hatte. 

Von dort aus muss das verschmutzte Abwasser der rund 30.000 Einwohner und der ansässigen Gewerbebetriebe zunächst einmal mit einem Schneckenpumpwerk sieben Meter in die Höhe gefördert werden, um in einer Rechenanlage von Grobstoffen befreit zu werden. An dieser Stelle beginnt ein komplexer und aufwändiger Reinigungsprozess, den Klärwerksleiter Jürgen Ulmer den Besuchern detailliert und verständlich erläuterte. Das durch den Rechen vorgereinigte Wasser wird zunächst weiter in einen Sandfang und dann in einen Fettfang gefördert, bevor es der Vorklärung zugeführt wird, erläuterte Ulmer den interessierten Anwesenden der AL. Bei der Vorklärung setzen sich noch im Wasser befindliche Feststoffe am Boden des Beckens ab. In weiteren komplexen Reinigungsschritten werden dem Abwasser umwelt- und gesundheitsschädliche Stickstoffe, Nitrate und Phosphate mit unterschiedlichen Verfahrensschritten entzogen, bevor es in ein Nachklärbecken befördert wird, erklärte Ulmer. Erst dann darf das vollständig gesäuberte Nass in die Rodau abfließen. Soweit möglich, werden alle während des Klärungsprozesses anfallenden Schlämme und Fette genutzt, um in einem Faulturm zu Gas vergärt zu werden, das ein Blockheizkraftwerk antreibt. Die hier entstehende Energie wird für einzelne Reinigungsstufen und Pumpwerke benötigt. Auf diese Weise kann die Kläranlage knapp die Hälfte ihres Strombedarfes selbst erzeugen, erfuhren die Teilnehmer der AL. Der anfallende Klärschlamm wird gepresst und in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt. 

Die Rödermärker Kläranlage wurde Anfang der 70er Jahre gebaut. Sie ist ausgelegt für 38.000 sogenannte „Einwohnerwerte“. Dazu zählen die 30.000 Einwohner der Stadt und die durch das Gewerbe anfallenden Schmutzwasser. Die zwischendurch immer wieder erweiterte und ständig modernisierte Anlage verarbeitet jährlich eine Menge von 3,56 Millionen Kubikmetern Abwasser und kann bis zu 300 Liter pro Sekunde aufnehmen und reinigen. Laut Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt ist die Anlage gesetzlich verpflichtet, bei Regenwetter 290 Liter pro Sekunde aufzunehmen und zu reinigen, erläuterte Ulmer. erläuterte Ulmer. 

Der Betrieb der Kläranlage kostet die Rödermärker Gebührenzahler pro Jahr rund vier Millionen Euro, verriet Martin Schallmayer, Leiter des Geschäftsfeldes Abwasser.

Er verwies aber zugleich auch darauf, dass dies gut angelegtes Geld sei, weil die Folgeschäden durch mangelhafte Abwasserreinigung deutlich höher seien. Zudem seien die Abwassergebühren trotz hoher gesetzlicher Auflagen und zahlreicher Investitionen in Rödermark günstiger als in vielen anderen Kommunen. Auch in Zukunft wird investiert. Kurzfristig ist die Erneuerung des fast 15 Jahre alten Blockheizkraftwerkes vorgesehen. Man erhofft sich dadurch eine wesentlich bessere Energieausbeute und natürlich langfristige Einsparungen. Um für die Zukunft auf Nummer sicher zu gehen, íst eine erneute Erweiterung der Kläranlage in den kommenden Jahren mit einem zweistelligen Millionenbetrag vorgesehen. Die sogenannte 4. Klärstufe sei derzeit noch kein Thema und auch gesetzlich nicht vorgeschrieben. Mit ihr könnten Medikamentenrückstände und Hormone wirksam aus dem Abwasser beseitigt werden. Kosten und Nutzen einer solchen zusätzlichen Abwassereinigung müssten sorgfältig abgewogen werden, gab Schallmayer zu bedenken. AL-Fraktionssprecher Stefan Gerl merkte an, dass alle Stoffe, die ungeklärt in den Umweltkreislauf gelangen, an anderer Stelle eventuell aufwendig ausgefiltert werden müssen. Dies könne zum Beispiel bei der Trinkwassergewinnung der Fall sein.